Ein Unwetter zieht auf

Die Fotos die ich heute zeigen möchte, gehören sicher nicht zu den sehenswertesten meiner Madagaskar-Reise, dennoch verbinde ich sie mit einem besonderen Erlebnis. Wie ich bereits im letzten Eintrag angedeutet habe, wurden wir am ersten Tag unserer Bootsfahrt am Tsiribihina bzw. am 3. Tag der Reise von einem Unwetter überrascht. Es begann damit,  dass sich der Himmel weit entfernt am Horizont langsam verdunkelt hat. Trotzdem hat zu diesem Zeitpunkt noch keiner von uns ernsthaft an Regen gedacht, schließlich hat es

zu dieser Zeit in dieser Gegend in den letzten 16 Jahren noch nie geregnet…

so die Worte unseres Reiseveranstalters ;-)

Wir paddelten also weiter und hofften mit jeder Flussbiegung uns von den dunklen Wolken zu entfernen. Leider umsonst, wir steuerten nämlich direkt darauf zu und schließlich begann es dann auch zu regnen. Am Anfang machte ich mir noch keine Sorgen, wir hatten ja Regenschirme als Sonnenschutz gekauft ;-), das Gepäck war in Nylon eingewickelt und gegen die Hitze waren die Regentropfen sogar eine angenehme Abkühlung. Doch Regen und Wind wurden stärker, das Raincover musste auf die Fototasche und man wurde trotz Schirm langsam nass. Trotzdem hab ich weiterfotografiert, ein paar Tropfen hält die Kamera ja locker aus…

Mit der Zeit begann sich im Einbaum-Boot langsam Wasser zu sammeln und es wurde ungemütlicher. Die Klamotten wurden nass, das Regenzeug war unerreichbar irgendwo im Gepäck vergraben. Es gab keinen vernünftigen Platz wo man hätte anhalten können. Die ersten Wellen schwappten über den Rand und ich begann mir nun doch Sorgen zu machen. Zuerst um die Fotoausrüstung. Die Kamera hatte ich mittlerweile zwar in der Tasche verpackt, aber der Regen war so stark, dass es unmöglich war, das Wasser am Eindringen in die Tasche zu hindern. Als das Boot dann bis zu den Knöcheln voll mit Wasser gelaufen war, hatte ich das Elektronik-Zeugs schon fast aufgegeben. Ich machte mir nur noch Sorgen um den Reisepass, das Rückflugticket, man muss ja schließlich irgendwie wieder aus dem Land rauskommen… Mir war kalt, richtig kalt, irgendwo mitten auf einem Fluss mitten im Nirgendwo. Rundherum war es finster, kein Unterschlupf in Sicht. Kein Handynetz. Keine Menschen. Keiner der einem helfen kann wenn etwas passiert. Die Strömung wurde auch immer stärker und ich hatte das Gefühl, dass unser Paddler langsam Schwierigkeiten hatte den Baum noch zu steuern. Das war der Zeitpunkt wo mir die Fotoausrüstung und die Papiere langsam egal wurden, ich hab mir nur noch gwünscht, dass das Unwetter endlich aufhört und dass ich diesen Tag überhaupt überlebe! Dann plötzlich ein Ruck am Unterboden. Wir sind auf eine Sandbank aufgelaufen, das Boot war einfach schon zu voll mit Wasser. Also alle Mann raus ins hüfttiefe Wasser. Die Fototasche aus dem Wasser gezogen und unter den Arm gequetscht hab ich mit der einen freien Hand begonnen das Boot auszuschaufeln. Die anderen Boote unserer Gruppe hatten ähnliche Schwierigkeiten, waren aber ein paar 100 Meter weiter weg am anderen Ufer und haben versucht dort an Land zu kommen. Durch die Schöpferei wurde einem wenigstens wieder etwas wärmer und irgendwann konnten wir den blöden Baum von der Sandbank ziehen und wieder einsteigen. Der Regen hatte inzwischen auch nachgelassen und mich überkam ein euphorisches Gefühl: Ich hatte es überlebt. Ich begann beim Weiterpaddeln “I’m singing in the rain” zu singen :-)

Ein paar Minuten später konnten wir ans Ufer gehen, die Boote ausräumen, Zelte aufbauen, warmen Tee kochen und vor allen Dingen – die ganzen Sachen zum Trocknen aufhängen. Ich hab meine Fototasche ausgeräumt und erfreut festgestellt dass die Kamera noch funktioniert (das ist die gute Nachricht: ich kann euch auch nach diesem Ereignis noch Fotos aus Madagaskar zeigen). Das Handy war zwar hin, das Bargeld und die Papiere nass, aber das war alles halb so wild.

Wir haben einfach alle nur noch gehofft, dass am nächsten Tag die Sonne scheint…